TSV Turnerbund München e.V. 1882 - Ein geschichtlicher Überblick
Im Neudeckgarten, dort wo heute die Auer Dult mehrmals jährlich stattfindet, schlug am 20. Juli 1882 die Geburtsstunde eines der ältesten Turnvereine der Stadt, des TSV Turnerbund München e.V., bis zum Jahre 1903 "Turnverein Au-München genannt. Unter der Leitung des Schreinermeisters, ehrenamtlichen Feuerwehrmannes und Armenpflegschaftsbeirates Michael Berndl (*20.10.1846, +Mitte August 1914) fand man sich zur konstituierenden Hauptversammlung ein.
Es besteht also inzwischen eine 136 Jahre alte ungebrochene Turntradition. In dem sozial brisanten Umfeld der damaligen Au sollte dieser Turnverein nicht nur wegen des gesundheitlichen Aspekts, sondern auch wegen seiner Integrationsfähigkeit zu einem gesellschaftlichen Kommunikationspunkt erwähnt werden. Der Mitgliedsbeitrag betrug 10 Pfg., wurde aber im Laufe des Jahres 1883 auf 50 Pfg. pro Monat erhöht. Bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 80,- Mark war das ein stattlicher Betrag, den sich beileibe nicht jeder leisten konnte. Geturnt wurde auf dem Sommerturnblattz an der Frühlingsstraße (heute Eduard-Schmid-Straße) in Altstadelheim und im Turnsaal der Maria-Hilf-Schule. Ab 1905 durften auch die Frauen mitmachen. Der "Turnerbund", wie er sich ab 1903 nannte, war der zweite Verein, der das Mädchen- und Frauenturnen in München und Bayern einführte.
Im Jahre 1897 hatte die St.-Nikolai-Stiftung der Stadtgemeinde München dem Verein ein Grundstück an der Pilgersheimerstraße in der Au überlassen, mit der Auflage, dass der Platz in Zukunft nur turnerischen Zwecken dienen dürfe. 45 Jahre war hier ein sportlicher und gesellschaftlicher Mittelpunkt der Au. Hier fanden nicht nur turnerische Leistungen statt (berühmt waren u.a. die jährlich stattfindenden Staffelläufe von Grünwald nach Giesing), sondern der Verein veranstaltete regelmäßig öffentlich zugängliche Faschingsbälle und Tanzvergnügen für die gesamte Vorstadt. Außerdem war das Vereinsheim Probe- und Aufführungsort von Auer Männergesangsvereinen. Als "Festwart" für den Turnerbund firmierte ein auch heute noch sehr bekannter Münchner Graphiker, das langjährige Turnerbund-Mitglied Willi Döhler (1905-1973). Er drückte für viele Jahre allen TBM-Feiern, Plakaten, Eintrittbillets, etc. seinen Stempel auf. Da er nicht nur zeichnerisch, sondern auch musikalisch hochbegabt war, begleitete er bereits vor dem 2. Weltkrieg die Damenturnriege mit seinem Pianospiel.
Im Januar 1942 "ermietete" die Unterkunftsverwaltung des Luftkommandos VII die Räumlichkeiten des TBM. Es wurde eng in den Turnräumen; auch als kurzfristig die Fußballabteilung des TSV 1860 nach der Bombardierung seiner Räumlichkeiten an der Auenstraße Unterschlupf an der Pilgersheimerstraße 11 fand. Dieses allen Turnerbündlern sehr am Herzen liegende Vereinsheim wurde in einer Bombennacht vom 2. auf den 3. Oktober 1943 in Schutt und Asche gelegt. Und unter den Mitgliedern forderte der zweite Weltkrieg ebenso wie der erste einen hohen Blutzoll.
Nach Kriegsende turnten die Mitglieder zweimal wöchentlich im provisorischen Schulturnsaal der Ichoschule, man hoffte sein Vereinsheim in den nächsten Jahren wieder aufbauen zu können. Diese Hoffnung zerschlug sich, als am 21. August 1950 ein Schreiben des Liegenschaftsamtes einging, in dem mitgeteilt wurde, dass auf dem Gründstück Pilgersheimer Straße 11 mit dem Bau eines Obdachlosenheimes begonnen und deshalb die Überlassungsschreiben aus dem Jahre 1947 zurückgenommen würden. Das Wiederbenützungsrecht für den Agilolfingerplatz durch die Fußballabteilung hatte man hingegen erhalten. In den nächsten Jahren besaß der Turnerbund zwar kein eigenes Heim, turnte aber mit seiner ständig steigenden Mitgliederzahl in mehreren Turnsälen Auer, Giesinger und Harlachinger Schulen. Erst im Jahre 1966 erhielt der TBM nach langem Hin und Her zwischen der Stadt München und dem Vereinsvorstand in der Säbener Sporthalle an der Säbener Straße 49 in Harlaching eine ausreichend große Trainingsstätte für seine mittlerweise 1.328 Mitglieder.
Maßgeblich für den Aufbau verantwortlich war über 30 Jahre lang der 1. Vorsitzende und spätere Ehrenvorsitzende Sepp Mayr (1916 - 2000). Neben seinem Beruf und seiner Arbeit für den Turnerbund fand er auch noch Zeit für die Tätigkeit als Präsident des bayerischen Turnerbundes (BTV). Sein Engagement machte ihn zum Träger hoher sportlicher Auszeichnungen: neben der TBM-Nadel in Gold mit Brillianten für langjährige Vorstandstätigkeit erhielt er auch die Ehrennadel in Silber und Gold des BTV sowie die Ehrennadel in Silber des Deutschen Turnerbundes (DTB). Unter seiner Ägide fanden der Kauf des 12.000m² großen Waldspielplatzes in Oedenstockach und der Bau des Vereinsheims in Sachrang (Chiemgau), mit großzügiger finanzieller Unterstützung von Gregor Louisoder, eines Giesinger Fabrikanten, statt.
Ihm folgte 1983 auf dem Platz des 1. Vorsitzenden des Vorstands Helmut Schnappauf. Auch er wurde für seine hervorragenden Dienste um den Sport von der Stadt München 2003 mit der Ehrennadel in Silber und 2014 mit der Ehrennadel in Gold ausgezeichnet. Unter Helmut Schnappauf erwarb der TSV Turnerbund München e.V. ebenfalls eine Immobilie. Seit April 1999 steht das wunderschön im Schatten der Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein gelegene "TBM-Trainigszentrum" unseren Abteilungen und Mitgliedern für Trainingszwecke und sonstige sportliche Aktivitäten zur Verfügung.
Seit April 2013 wird der Verein von Gerhard Walz geführt, dem langjährigen 2. Vorsitzenden des Vorstands. Helmut Schnappauf hat als Ehrenvorsitzender weiter einen Sitz im Vorstand. Mittlerweile zählt der Turnerbund (Stand 31.12.2017) 3.463 Mitglieder, darunter 1.501 Kinder und Jugendliche. Er bietet Breitensport vom Babyalter bis zur Seniorengymnastik, engagiert sich in der Jugendarbeit und beim Reha- und Präventivsport, unterhält sehr erfolgreiche Leistungsriegen, wie Trampolin-Turnen, Mädchen-Volleyball und Cheerleading, die Fußballabteilung hat 10 Jugendmannschaften in allen Altersklassen, er lässt seine Mitglieder sich beim "Workout Yoga", Nordic Walking und Pilates erholen und pflegt nach altem, guten Brauch auch die Geselligkeit für Klein und Groß.
Im Juni 2016 erhielt der Turnerbund die Sportplakette des Bundespräsidenten für besondere Verdienste um die Pflege und Entwicklung des Sports. Die Übergabe an die Vorstandsmitglieder Gerhard Walz und Berhard Braun erfolgte anlässlich einer Feierstunde im Bayerischen Yachtclub in Starnberg durch den Bayerischen Innen- und Sportminister Joachim Herrmann.